Winterzeit: Jeder Tag ein Fest!
Im Truthahn? Mit herzhafter Wurst? In Suppen und Saucen? Als Rouladenfüllung, in Krokettenform oder als Pasta, Brot und Gnocchi aus dem eigenen Mehl? Oder eben ganz klassisch im Ofen oder auf offener Glut gebacken? Genau, es ist Esskastanienzeit! Früher begegnete man Maronen, wie die leckeren Baumfrüchte auch genannt werden, meist nur im Süden und äußersten Westen. Inzwischen erobert die Edelkastanie zunehmend die heimische Küche - und sogar Sterne-Restaurants. Es gibt sie nicht nur als Beilage zu vielen Menüs, sondern auch in Süßspeisen, Likören und sogar als Bier.
Nur als Wein eben noch nicht und deshalb stellen wir hier gleich mal ein paar großartige Premium-Weine vor, die hervorragend zu Maronengerichten passen und dabei ein wohliges und genussvolles Festtags-Feeling aufkommen lassen:
- Der 2021er Santenay „La Cassière“ ist zwar noch jung, aber er hat bereits alles, was ein hervorragender Burgunder braucht – Harmonie, Frucht und Struktur. Ein toller Pinot-Noir, der auch zu geschmorten Maronen passt, die den Festtags-Braten verfeinern.
- Wer es etwas kräftiger mag, ist beim 2015er Château Fonplégade gut aufgehoben, der gerade sein erstes Trinkfenster erreicht hat und mit seinem facettenreichen Spiel zwischen reifen Herzkirschen, Zedern und mineralisch gebündelter Frische ebenfalls einen Festtags-Maronen-Wein ergibt.
- Der 2018er Montebello kann sich ohne Weiteres mit vielen Supertoskanern messen: Die Assemblage aus nicht weniger als neun traditionellen Rebsorten der Toskana und eine Reifung im Holzfass prädestinieren ihn geradezu für ein rustikales Maronenrezept!
- Kommen wir zu einer Alternative der besonderen Art: Dem 2021er Bodenheim Grauer Burgunder R aus dem Hause Kühling-Gillot. Dieser außergewöhnliche weiße Réserve aus Rheinhessen besticht durch seinen reichhaltigen Körper, wenig Säure und einem feinen Pfirsich-Aroma. Im Kontrast mit gebackenen Maronen mehr als ein Fest!
Weitere Empfehlungen aus unserem winterlichen Kölner Weinkeller findet ihr am Schluss dieses Beitrags. Doch nun zurück zu unseren heiß geliebten Maronen …
Hundert Pferde, ein Kastanienbaum und eine Königin
Er ist der Stolz aller Sizilianer: der „Castagno dei Cento Cavalli“, zu Deutsch „Kastanienbaum der hundert Pferde“. Mit seinen 22 Metern Höhe und ebenfalls 22 Meter Umfang gilt er als der größte und älteste Baum Europas. Vermutlich 4000 Jahre hat dieser prachtvolle Baum bei Sant‘Alfio im Ätna-Naturpark auf der Rinde. Seinen Namen verdankt der Baumriese einer Legende um Königin Johanna II. von Anjou, die an dieser Stelle einmal mit „hundert Männern und hundert Pferden“ Schutz vor einem kräftigen Gewitter gesucht haben soll. Die Königin, deren Lebenswandel als recht ausschweifend galt, habe schließlich mit ihrem gesamten Gefolge – darunter auch einige Liebhaber – glücklich und gut beschützt unter der alten Kastanie genächtigt.
Im Schnitt werden Kastanienbäume immerhin rund tausend Jahre alt und ihre Stämme erreichen normalerweise einen Umfang von vier bis sechs Metern. Im Frühjahr erkennt man sie an ihren langen, leicht behaarten und gezackten ledrigen Blättern, die manchmal in After-Shave Verwendung finden. Im Sommer bereits lassen die an den Ästen sprießenden lindgrünen Stachelbällchen keinen Zweifel mehr daran, was das im Herbst werden soll: Aus einer dann hellbraunen, pieksigen Kapsel schauen die rotbraunen Kastaniennüsse heraus. Von der Rosskastanie unterscheiden sie sich durch ihre flachere Form und eine kleine haarige Spitze.
"Jeder Mensch braucht einen Kastanienbaum, damit er gut über den Winter kommt"
(Weisheit aus dem Tessin)
Die Verbreitung der Edelkastanie haben wir vor allem den Eichhörnchen zu verdanken, die angesichts des nahenden Winters unablässig Maronenvorräte vergraben – und diese dann oft schlichtweg vergessen. Allerdings braucht es Jahrzehnte bis die Triebe, die daraus entstehen, sich zu früchtetragenden Bäumen entwickeln.
Ursprünglich stammt der Baum aus der Gegend um das altgriechische „Kastana“ am Schwarzen Meer, verbreitete sich bereits in der Antike entlang des ganzen Mittelmeers und wird in heutiger Zeit nicht nur in der Schweiz, Frankreich und Deutschland, sondern auch in Großbritannien und Irland auf großflächigen Plantagen angebaut. Einen herben Rückschlag erlitt der Anbau im letzten Jahrhundert durch Pilzbefall, allerdings konnten sich die Bestände inzwischen wieder regenerieren. Mehr als 150 000 Tonnen Edelkastanien werden jährlich weltweit geerntet. Um sie haltbarer zu machen, wurden die Früchte früher fermentiert. Heute werden sie meist nach einem Wasserbad getrocknet, vorgekocht, vakuumverpackt oder eingefroren.
Spitze abschneiden, Schale einritzen – ab in den Backofen!
Lange galten Maronen als das „Brot des kleinen Mannes“. Auch Karl der Große förderte den Anbau. Denn Früchte und Mehl ersetzten in vielen Gegenden Getreide, das nicht überall gedieh. Als Grundnahrungsmittel stand die Esskastanie stets unter einem besonderen Schutz. Das Fällen eines Maronenbaums war vielerorts sogar unter Strafe verboten. Andererseits rümpfte die feine Gesellschaft noch im späten Mittelalter die Nase über die armen „Maronenfresser“. Der Verzehr galt als nicht wirklich standesgemäß - bis sich in den Fürstenhäusern herumsprach, dass die braune Nuss angeblich die Manneskraft stärke. Es dauerte nicht lange, bis die Anzucht der Bäume weiter verfeinert wurde und besonders große Maronen gezüchtet wurden.
Allerdings schmecken die kleinen herzförmigen Edelkastanien deutlich intensiver als ihre größeren „Schwestern“. Sie lassen sich zudem leichter schälen und von ihrer Innenhaut befreien. Für den etwas süßlichen Geschmack ist die Stärke verantwortlich, die sich beim Erhitzen in Zucker verwandelt. Frische Kastanien haben einen deutlichen Glanz und wiegen in der Hand. Vertrocknete Esskastanien sind dagegen nicht zum Verzehr geeignet. Man erkennt es daran, dass die Nüsse im Wasserbad oben schwimmen. Überhaupt: Maronen verderben rasch. Am besten bewahrt man sie gut gekühlt auf oder bringt sie besser noch direkt nach dem Einkauf auf den Tisch. Die einfachste Zubereitung ist zugleich besonders lecker: Spitze abschneiden, Schale kreuzweise einritzen – und für 20 Minuten ab damit in den Backofen!
„Man soll die Feste feiern, wie die Maronen fallen“
Die Chinesen verehren die Edelkastanie seit jeher als „heiligen Baum der Geister des fruchtbaren Landes“. Daher findet man ihn auch oft in der Nähe von alten Tempeln und Gebetsstätten. Als Heilmittel sollen Blätter und Früchte gegen Durchfall, Schlaflosigkeit und Gliederschmerzen helfen. Frauen kochten in früheren Zeiten Maronen, um dadurch den gelegentlichen Zorn ihrer Männer zu besänftigen.
Maronen machen wohlig. Dass sie auch dick machen, stimmt übrigens nicht … ganz. Sie sind sogar, anders als die meisten Nüsse, besonders fettarm. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ausdrücklich, auf dem Weihnachtsmarkt besser zu Maronen als zu gebrannten Mandeln zu greifen, da diese gleich drei Mal mehr Kilokalorien als gegrillte Kastanien enthalten.
Doch nicht nur zu Weihnachten sind Maronen ein festlicher Schmaus. Ein altes Sprichwort sagt: „Man soll die Feste feiern, wie die Maronen fallen“. Das beherzigen in der Erntezeit von Ende September bis Anfang Oktober vor allem die Menschen im Schweizer Tessin und Wallis, die in vielen Dörfern alljährlich zum „Kastanienfest“ laden. Auch auf Korsika, an der Ardèche, im Elsass, an der Côtes d’Azur, in der Auvergne, in Galizien, auf Madeira, im Piemont, in der Toskana, in Venetien, in Südtirol, im kroatischen Marunda … und vor allem auch in Österreich wird stets kräftig zu Ehren der Esskastanie gefeiert.
In Klostermarienberg an der ungarischen Grenze backen die Frauen an jedem zweiten Oktobersonntag einen riesigen Kastanienstrudel mit sagenhaften 350 Metern Länge. Und sogar Sterneköche wie Frank Oerthle, Chefkoch in dem von Kastanienhainen umgebenen Grand Hotel Villa Castagnola bei Lugano, bringen in der kalten Jahreszeit verstärkt Maronen auf die Karte. Übrigens: Mitten in Deutschland, nahe den sonnigen Weinhängen in der Pfalz, existiert seit Jahrhunderten ebenfalls ein Paradies für Edelkastanien, die hier „Keschde“ genannt werden.
Womit wir wieder am heimischen Herd angekommen wären und der wichtigsten Frage, die jetzt noch offen ist: Was kommt heute eigentlich auf den Tisch? uh
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