Lanzaga – die Entdeckung des Terroirs

Für mich einer der spannendsten Weine aus der Rioja! Ich erinnere mich an die späten 80er Jahre, in denen es Massen von Rioja-Weinen gab, die nach schlechter Rote Grütze mit viel, viel Vanillesauce schmeckten, weil man mittelmäßige Trauben viel zu lang in übertoastete Barriquefässer gelegt hatte. Die Symbiose machte es nicht besser. An die Zeiten also solche erinnere ich mich gerne, bei den Weinen frage ich mich allerdings, warum haben wir das bloß getrunken und die Kopfschmerzen am nächsten Morgen, kamen die wirklich nur von der konsumierten Menge …?

Also wurde mein Verhältnis zu den Weinen aus dem Rioja immer zwiespältiger je mehr ich zu der Überzeugung kam, dass ich Wein und nicht Holz trinken wollte. Rioja war also eher ein Randthema bei mir, bis zu dem Tag, als ich mit Telmo und Pablo auf einer windig kalten Höhe hoch über dem Ebro-Tal stand und auf karge Weinberge, alte Steinmauern und knorrige Rebstöcke schaute. Auch der Wein, den es hier gab, war ganz anders als ich mit meinen Vorurteilen erwartete. Das war fein und herb zugleich, da fehlte diese plakative Barrique-Süße fast völlig, dafür eine atemberaubende Tiefe, die an große Burgunderweine erinnerte. Mit anderen Worten: Das war ernsthafter Wein, vom ersten bis zum letzten Tropfen. Mein altes Holzbrühen-Ich meinte jetzt einwenden zu müssen: "So viel Geld, da bekomme ich ja anderswo eine Gran Reserva für und die hat fünf Jahre Lagerung hinter sich…" Freundlich fragte ich die Beiden, warum sie denn da nicht Reserva oder so was draufschreiben würden. Sie lächelten gnädig: "Weißt du Andreas", meinte Pablo, "ein Wein wird ja nicht dadurch zu einem großen Wein, das man ihn möglichst lange in Fässer legt, die möglichst viel Vanillearoma abgeben." Und Telmo ergänzte: "Wir haben da einen anderen Ansatz. Lanzaga ist sozusagen ein Village, also der Wein hier oben aus den Weinbergen von Lantziego. Die sind besonders, weil kühl und mit einem sehr kargen, steinigen Boden, halt anders als im Schwemmland unten im Tal. Das wollen wir einfangen in der Flasche…" "Burgundisches Prinzip", meinte ich, "Terroirwein…" Sie nickten freundlich, so wie man Kindern zunickt.

MultiPic_Lanzaga

 

Das war damals vor fünf Jahren neu für das Rioja und die logische Konsequenz daraus - statt Reserva und Gran Reserva jetzt Premier und Grand Cru, also statt Lagerdauer das Terroir zum Maßstab für Qualität zu machen - war geradezu undenkbar für die Region. Daher auch vielleicht meine Verwunderung damals auf dem windigen Hügel. "Oha, wie erklärt man das denn dem Kunden, dass der mehr als 20 € kostet und nicht mal eine Reserva ist…?" "Tja", meinte Telmo, "indem man ihnen erzählt, dass es auch in der Rioja, ähnlich wie im Burgund unterschiedliche Terroirs gibt und auch ein paar Winzer, denen das wichtiger ist, als große Mengen lange gereifter Weine zu erzeugen." Das mache ich hiermit.

Das Rioja ist groß. Es erstreckt sich über vier Regionen: La Rioja, Navarra und Araba (Alava). Mit 60.000 Hektar hat es ungefähr 60% der Größe aller Weinberge in Deutschland. Im Süden gibt es fast ausschließlich Garnacha, im Norden Tempranillo. Also die Rioja ist nicht ein großer Weinberg, sondern viele große und eben auch kleine und darunter sind sogar einige besondere Weinberge. Um es kurz zu machen.

Die Bodega Lanzaga ist mit nur 15 Hektar für Rioja Verhältnisse ein Kleinstweingut. Die Handvoll Weinberge (von denen es mittlerweile auch Einzellagen gibt) liegen auf 500-700 Metern Höhe und werden zertifiziert biologisch bewirtschaftet. Alles andere ist extrem puristisch. Automatische Sortiermaschine? "Ach", meint Telmo "da wird viel Hype drum gemacht. Ich glaube, wenn man in den Weinbergen gut arbeitet ist das nicht nötig. Was an Trauben wirklich nicht gut ist, lassen wir direkt da und das ist nicht viel. Alles andere? Wenn eine Beere mal etwas weniger, die andere etwas mehr reif ist… Wir haben den Eindruck, das macht den Wein erst spannend. Wenn man alles raus nimmt was nicht superperfekt erscheint, dann hat man vielleicht einen großartigen Wein, aber etwas ohne Seele und Charakter." "Und so ist das ja total einfach", ergänzte Pablo, "Die Trauben kommen hier oben rein unten stehen die kleinen Betontanks, da werden sie vergoren und dann einfach in große und ein paar kleine Holzfässer und dann ein paar Jahre warten. Fertig." Wein machen ist ja offensichtlich ganz einfach.

Und der Lanzaga? Unterdessen ist er einer meiner Lieblingsweine geworden. Burgunder für Liebhaber des Südens. Lantziego liegt in einer der beiden Baskischen Enklaven der Rioja und der Wein erzählt mir davon, denn er ist auf gewisse Art spröde und ein echter Bergwein. Herrlich frische Früchte, super in seiner floralen Anmutung, sehr fein, wenn auch jetzt noch mit etwas jugendlichem Ungestüm - aber auch das mag ich. Daher ist es auch schwer, eine Trinkempfehlung zu geben. Jetzt, ja mit Luft und dem passenden Essen. In zehn Jahren, ja sicher, mit etwas Andacht und dem passenden Essen. Den Rioja-Weinen der 80er Jahre jedenfalls trauere ich überhaupt nicht nach (und wer das tut… es soll sie ja noch geben) und wenn Robert Parkers Wine Advocate schreibt, "Superb" und "This could very well be the best value in the portfolio", dann kann ich dem nur vollumfänglich zustimmen und den 95 Punkten, die Verkoster Luis Gutierrez vergibt, möchte ich auch nicht wiedersprechen, nur bei mir wird der Lanzaga auf immer 100 Punkte haben, schon alleine wegen des Aha-Moments auf jenem windigen Hügel und der Möglichkeit, bei einem guten Wein an die 80er Jahre zu denken.

 

 

Lanzaga

2019 Lanzaga

Telmo Rodriguez, Spanien

 

Hoch oben im Schatten des Kantabrischen Gebirges hat Telmo Rodriguez seine Rioja Kellerei gegründet. Beim Örtchen Lantziego endet langsam der Weinbau, weil zu hoch und zu kalt wird. Aber Telmo interessiert nicht der Massenweinbau im Schwemmland des Ebro-Tals, er geht zurück dahin wo vor Jahrhunderten die besten Weinberge standen. Sein Lanzaga erzählt vom Terroir auf dem er entsteht, der sehr steinige, stark eisenhaltige Boden hier oben lässt einen sehr festgefügten Wein heranreifen. Delikat nach reifen dunklen Früchten, Zedern, schwarzem Pfeffer und etwas Unterholz. Die ätherische Frische setzt sich auch am Gaumen fort und gibt einen feinen Schmelz mit edlem Gerbstoff frei, der lang nachklingt. Ein Terroir Rioja, der die Einheitsweine der großen Weinfabriken das Fürchten lehren sollte. Große Klasse!

 

 

ZUM WEIN

UNSERE EMPFEHLUNGEN

Lanzaga
95 Suckling

2019

Lanzaga
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Inhalt: 0.75 l (37,20 €/1l) *

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