Italien – Dolce Vita reloaded
„Wein ist nicht nur ein Nahrungsmittel, er ist vielmehr ein Gefährte, mit dem man lebt, mit dem man Freude hat. Er ist eine Persönlichkeit!“ Wenn es stimmt, was der bekannte italienische Weinkritiker und Philosoph Veronelli Luigi da einmal so formuliert hat, ist Italien ein Land voller „Persönlichkeiten“: von Sizilien bis Rom, von den Abruzzen bis Florenz, von Sardinien bis Verona, Venedig oder Südtirol. Jeder dieser „Persönlichkeiten“ ist anders. Für Sebastian Russold hat Italien aber noch andere Bedeutungen: er liebt nicht nur den Wein, sondern auch die Kultur, die Menschen und natürlich das Essen.
Der erste große Wein bleibt einem immer im Gedächtnis. Jeder Sommelier hat diesen einen bestimmten Moment, an den er rückblickend denkt: „Damit hat es angefangen!“
Bei mir war es ein 2007 Grüner Veltliner Smaragd Ried Kellerberg vom Weingut F.X. Pichler aus der Wachau. Dieser Wein war ein Monument, das den Funken entfacht hat und über Jahre hinweg monumental geblieben ist. Ich habe diesen Wein vor Kurzem wieder verkostet und die Faszination ist immer noch ungebrochen. In meinen lehrreichen Jahren als junger Sommelier hatte ich das Privileg, die größten Weine der Welt zu probieren. Ich durfte auch den einen oder anderen Erfolg bei Sommelier-Wettbewerben feiern.
Doch warum Wein? Für mich ist Wein das Zusammenspiel von allem, was mich interessiert. Ich liebe es, Geschichte, Kultur, Handwerk und Wissenschaft zu verbinden. Dabei lernt man die unterschiedlichsten Menschen kennen. Die Weinwelt ist eine kleine Blase, in der andere Spielregeln gelten. Das finde ich faszinierend und schön.
Zu Italien habe ich einen besonderen Bezug. Auf der einen Seite waren wir als Familie dort im Urlaub, damals noch ohne Wein. Auf der anderen Seite ging dorthin meine erste wirkliche Weinreise, die ich mit Freunden mit 19 Jahren unternommen habe. Wir wollten einmal durch Italien reisen, aber leider klappte das mit der Budgetplanung damals nicht so gut. Wir mussten auf halber Strecke umdrehen. Einen ungeplanten Stopp legten wir im Piemont ein. Und da war es um mich geschehen. Ich war verliebt und so wuchs über die Jahre hinweg meine geheime Liebe zu dem Land, der Kulinarik und seinen Weinen.
SAUVIGNON BLANC
Nach unserem Winzertalk mit Stefano Bernardis wurde mir klar, dass er in vielerlei Hinsicht das verkörpert, was ich während meiner Zeit an der Sommelier-Schule über Friaul-Weißweine gelernt habe. Diese Weine zeichnen sich durch Leichtigkeit, Frische und fruchtige Nuancen aus – authentischer könnte es kaum sein. Daher war meine Begeisterung groß, als wir beschlossen, den Friulano aus seinem Weingut als Entdeckung des Jahres auszuzeichnen. Doch ehrlich gesagt hätten alle drei Weine dieses Weinguts diesen Titel verdient. Was den Wein betrifft: Sauvignons gibt es wie Sand am Meer, daher muss ein Wein wirklich außergewöhnlich sein, um im internationalen Vergleich zu bestehen. Als jemand, der in der Steiermark aufgewachsen ist, bin ich besonders kritisch, da ich mit dieser Rebsorte praktisch groß geworden bin. Doch dieser Sauvignon erfüllt sämtliche Erwartungen, die ich an eine leichte, frische Interpretation dieser Rebsorte habe. Mit seinen grasigzitrischen Aromen und einem Hauch von Maracuja ist er wunderbar erfrischend und klar. Ein wirklich gelungener Sauvignon aus dem Friaul!
ZUM WEIN
PERRICONE CORE
Ich habe eine Vorliebe für authentische Weine. Der Perricone ist fast ausschließlich auf Sizilien zu finden und vereint alles, was ihn einzigartig macht. Frisch und belebend, mit einer weichen und runden Textur. Die Tannine, die für diese Sorte typisch sind, sind kräftig, aber angenehm glatt. Die Reifung in Zementbehältern, gefolgt von Holzfässern, verleiht diesem Wein seine besondere Persönlichkeit. Egal, ob mit Freunden zu einem herzhaften Essen oder allein, beim In-Ruhe-entspannen, der Core zeigt das Herz und die Seele des sizilianischen Weinbaus und bietet ein Genusserlebnis, das genauso reich ist wie der Boden, auf dem er gewachsen ist.
ZUM WEIN
BARBARESCO BORDINI
Die Weine des Piemonts, speziell der Langhe, zogen mich als erste Weine außerhalb meiner Heimat in ihren Bann. Auf meiner Italienrundreise bin ich mit 19 Jahren in einem Dorf in der Nähe von Barbaresco hängengeblieben und habe eine besondere Verbindung zur Gegend und den Weinen geknüpft, die bis heute besteht. Besonders liebe ich die Vielfalt von Nebbiolo und dieser Barbaresco vereint fruchtige und florale Noten in perfekter Harmonie. Die feine Kräutewürze gibt das gewisse Etwas. Ein großartiges Beispiel für einen Barbaresco der modernen Schule. Er macht jetzt schon Spaß, wird aber in den nächsten Jahren noch zulegen.
ZUM WEIN
CHIANTI CLASSICO RISERVA TENUTA TIGNANELLO
Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn kannte ich in der Toskana nur einen Wein: den Tignanello. Es erstaunt mich immer wieder, wie bestimmte Weine aus einer Region hervorstechen und zu wahren Ikonen werden. Der Tignanello legte mit seinem ersten Jahrgang im Jahr 1970, damals noch als Chianti Classico Riserva Vigneto Tignanello bekannt, den Grundstein für den Aufstieg der Supertoskaner. Gemeinsam mit dem Sassicaia ebnete er den Weg. Der Chianti Classico Riserva aus demselben Haus wie der Tignanello wird oft als dessen kleiner Bruder betrachtet – und meiner Ansicht nach zu Recht. Mit einer ähnlichen Reifung in Barriques und einem Anteil von zehn Prozent Cabernet Sauvignon offenbart dieser kleine Supertoskaner eine beeindruckende Tiefe und Balance.
ZUM WEIN
COLLEDILÀ CHIANTI CLASSICO GRAN SELEZIONE
Der Wandel, den der Chianti von der einstigen Bastflasche (nicht umsonst als „Fiasko“ bekannt) bis zu diesem hervorragenden Botschafter des Sangiovese durchlaufen hat, erscheint beinahe unvorstellbar. Die Familiengeschichte der Ricasolis ist eng mit der des Chiantis verwoben, da es die Ricasolis im 19. Jahrhundert waren, die die Rebsorten für diesen Wein festlegten. Die Familie Ricasoli verfügt daher über umfangreiche Erfahrung sowohl in Bezug auf die Rebsorte als auch auf die Region. Mir gefällt es, wenn Sangiovese auf feine und elegante Weise ausgebaut wird. Daher überrascht es nicht, dass dieser Wein auch in meinem eigenen Weinkeller zu finden ist. Wenn man feingliedrige und authentische Weine schätzt, ist dieser zweifellos eine perfekte Wahl!
ZUM WEIN
MONTEBELLO
Wenn man das Weingut Badia a Coltibuono mit nur einem Wort charakterisieren müsste, wäre es zweifellos – Tradition. Wenige Weingüter haben sich so unbeirrt von den zeitlichen Moden entwickelt und über Jahrhunderte hinweg ihren Stil bewahrt, dabei jedoch die Qualität entscheidend gesteigert. Der Montebello fällt eigentlich in die Kategorie I.G.T., zu der auch die berühmten Supertoskaner gehören. Im Gegensatz zu diesen setzt dieser Wein auf eine Assemblage aus neun traditionellen toskanischen Rebsorten und eine Reifung im großen Holzfass. Die Tradition könnte kaum stärker betont werden, und genauso präsentiert er sich auch im Geschmack. Für mich verkörpert er die toskanische Essenz im Glas. Er ist kein dominanter, hochkonzentrierter Wein, doch überzeugt er mit intensiven Aromen von Sauerkirschen, frischem Leder und getrockneten Kräutern. Ein Wein, für den ich mir bewusst Zeit nehme, um ihn mit allen Sinnen zu genießen.
ZUM WEIN
ROSSO PICENO PIEDIPRATO
Manchmal soll es einfach ein Wein zum Essen sein – unkompliziert, nicht zu teuer, aber trotzdem mit Finesse. Genau das finden wir in dieser Flasche, und das Ganze ökologisch produziert. Duft von roten Beeren und Kirschen, am Gaumen eine sanfte Konzentration mit Gewürznuancen. Harmonisch ausgewogene Mischung aus würzigem Sangiovese und saftigem Montepulciano.
ZUM WEIN
B DI BRAIDA
Barolo und Barbaresco werden oft als König und Königin des Piemonts bezeichnet, der Barbera wäre dann wohl der Bruder, der oft im Schatten vergessen wird. Der Einstieg von Barbera-Star Giacomo Bologna ist gelungen: weich, rund und doch mit einer frischen, kräftigen Frucht. Ein perfekter Alltags-Wein! Nun folgen Giacomos Kinder Raffaelaund Guiseppe nach, die Tradition mit modernem Know-how verbinden.
ZUM WEIN
BOCA
Traditioneller als dieser Old-School- Nebbiolo aus dem Alto Piemonte geht es kaum – und das ist auch gut so! Die Frucht tritt bescheiden auf, mit deutlichen Nuancen von Veilchen und Rose, begleitet von Tabak- und Kräuternoten. Ein beeindruckender Wein, der nicht einfach gefallen, sondern vielmehr herausfordern möchte. Perfekt zu Trüffeln oder Wild, besser geht es kaum! Tipp: Der Boca ist sehr lange lagerfähig …
ZUM WEIN
DIE NUMMER EINS BEIM KELTERN
Kaum ein Land hat in seiner wechselvollen Geschichte so viele Umwälzungen erlebt wie Italien. Doch eine Konstante ist immer geblieben: der Wein. Er bringt Menschen an einen Tisch, die sonst vielleicht nie miteinander reden würden. Und das schon vor rund 3000 Jahren, als griechische Seefahrer von Sizilien aus damit begannen, die ersten Reben zu setzen. Später verwandelten die Etrusker die Toskana in eine der bis heute bedeutendsten Weinregionen Europas und mit der Renaissance debütierten die ersten international handelnden Weingüter. Italien wurde zum Sprungbrett für den Weinanbau in Deutschland und Frankreich. Heute werden am Stiefel rund 50 Millionen Hektoliter Wein jährlich produziert. Damit liegt Italien weiterhin unangefochten an der Spitze aller Weinländer, weltweit.