Garum – das Salz des Lebens
Salz war lange ein teures und gefragtes Handelsgut. Salzstraßen waren wichtige Handelswege. Orte, an denen Salz aus dem Boden oder dem Meerwasser gewonnen werden konnte, wurden reich. Salz war weniger zum Würzen wichtig als dafür, Lebensmittel haltbar zu machen …
Kühlschrank und Tiefkühler hielten erst im 20. Jahrhundert Einzug und sind bis heute noch nicht auf der ganzen Welt verbreitet. Die Konserve wurde 1810 erfunden und brauchte einige Zeit, um sich durchzusetzen. Vorher konnte man nur trocknen und salzen und zumeist musste man die Lebensmittel erst salzen, um sie dann trocknen oder fermentieren zu können. Salz war lebensnotwendig.
Die Römer, deren Reich eher wegen ihrer logistischen als ihrer militärischen Stärke so lange Bestand hatte, besaßen ein ausgeklügeltes System für den Transport von Salz in die großen Zentren ihres Weltreichs (siehe auch Saladini Pilastri) und eine Vorliebe für eine ganz besondere, sehr salzige Würze: das Garum. Man könnte es mit asiatischer Fischsauce vergleichen; es war in Rom omnipräsent, in der Herstellung jedoch etwas anders. Man nahm kleine Fische – mitsamt den Eingeweiden, vermischte sie mit Salzlake und ließ das Gemisch in zumeist offenen Bottichen monatelang bei am besten 40 °C vergären. Wie üblich bei Fermentationsprozessen roch das Produkt vor allem während der ersten Wochen eher „gewöhnungsbedürftig“. Das Ferment wurde schließlich mehrfach gefiltert, bis man eine bernsteinfarbene Flüssigkeit erhielt. Hier galt: Je länger die Reifezeit, desto feiner und damit teurer war das Produkt. Oft wurde Garum mit Kräutern oder exotischen Gewürzen angesetzt, was ihm eine besondere Note verlieh.
Garum war weit mehr als das Maggi des Imperium Romanum
Ja, es wurde als Würzzutat für alle Arten von Speisen verwendet, auch für süße (!). Es war das Aspirin seiner Zeit, galt als Aphrodisiakum (klar), wurde bei Hautausschlag verwendet und man empfahl es gegen Magengeschwüre oder Hundebisse – wobei nicht überliefert ist, ob man es anwenden sollte, damit Hunde nicht bissen. Aber es wurde auch mit Wein vermengt und war dann das antike Ketchup.
Die Italiener sind bekanntlich enorm stolz auf die Geschichte ihrer Kochkunst, doch die Wahrheit ist, dass die Tomate in Europa vor der zweiten Reise des Genuesers Christoph Kolumbus 1493 nicht bekannt war und sich in Italien erst im 19. Jahrhundert verbreitete. Pasta kochte man stundenlang und nicht al dente, und ein italienischer Kulturhistoriker meinte, der Ursprung der Spaghetti Carbonara gingen auf die GIs zurück, die nach dem Ende des Mussolini-Reiches Rom besetzt hatten. Von den patriotischen Italienern erhielt er dafür Morddrohungen.
Am erstaunlichsten ist aber, dass nur sehr wenig von der Küche des Imperium Romanum in der italienischen Küche übriggeblieben ist. Auch das einst so populäre Garum gibt es kaum noch. Lediglich an der Amalfiküste finden sich noch ein paar Hersteller, die es als „Colatura di alici“ vertreiben. Geben Sie einfach ein paar dicke Tropfen in Ihre Spaghetti, Aglio, Olio und Peperoncini, und schon haben Sie die römische mit der italienischen Küche verbunden.