Luftaufnahme eines großen Herrenhauses, umgeben von üppigen Bäumen in einer malerischen Landschaft.

Badia a Coltibuono

Was hat der Chianti nicht alles durchmachen müssen: Ein Baron schrieb einen Brief, den man als Rezeptur verstand, die man fortan als heiligen Gral hütete …

In Deutschland wurde er besungen und seine Flaschen mit dem schönen Namen „Fiasco“ als Kerzenleuchter missbraucht. Als das dazu führte, dass der Chianti immer billiger und gleichzeitig immer unbeliebter wurde, verdammte man das Gralsrezept als das Grundübel und setzte auf radikale Modernisierung. Kein Malvasia mehr, dafür Merlot und Cabernet und manch einer schüttete den Chianti direkt mit dem Bade aus und meinte, nur noch Supertuscans, bei denen die Rebsorte eine untergeordnete Rolle spielt, produzieren zu müssen.

Emanuela Stucci

Emanuela Stucchi lächelt. „Man muss nicht jede Mode mitmachen“, meint sie. Die Familie Stucchi ist schon etwas länger hier in der Badia a Coltibuono. Im Jahr 1846, als viele Klöster säkularisiert wurden, kauften die Stucchis das Anwesen, aber eigentlich war die Familie schon viel früher hier. Emanuelas Mutter ist nämlich eine geborene Medici und die waren, so will es die Legende, schon an der Gründung des Klosters im Jahre 1051 beteiligt. Als wolle sie das relativieren, ergänzt sie: „Die Etrusker bauten schon seit 1.800 Jahren Wein in dieser Region an. Übrigens wahrscheinlich hauptsächlich Weißwein.“

Nun ja, dann kamen noch die Römer, wahrscheinlich ein paar Vandalen (die netter waren als ihr Ruf) und wer sonst noch so gerne nach Italien reiste. Den Benediktinern oder besser ihrer Unterfraktion, den Vallombrosanern gefiel es in den einsamen Bergen zwischen Siena und Florenz jedenfalls ausgesprochen gut. 800 Jahre lang lobten sie Gott, bauten Wein, Oliven und andere landwirtschaftliche Produkte an und hielten sich weitgehend aus der Politik heraus. Bis 1810, denn da standen plötzlich ein paar Menschen mit einer Trikolore am Hut vor ihrer Tür. Napoleons Verwaltungsbeamte hatten wenig Humor, wenn es um die Auflösung von Kircheneigentum ging, und so landete die ganze herrliche Abtei 1811 in einer Lotterie.

Euro-Lotto-Hauptgewinn: ein ganzes Kloster! Wir würden davon abraten, solche Gewinne anzunehmen; allein die Renovierung der Dächer dürfte einen weiteren, echten Jackpot notwendig machen. Selbst ein polnischer Prinz war überfordert. Wobei es bei Stanislaus Poniatowski auch die Schmucksammlung gewesen sein kann. Und so wurden die wechselnden Besitzer auch nicht wirklich glücklich, und es brauchte 1846 einen florentinischen Banker, der die Abtei in ein für damalige Verhältnisse modernes Landgut umwandelte und vor allem den Weinbau förderte.


MultiPic

 

Der Wein wird lange nicht mehr auf Coltibuono bereitet, obwohl in den Kellern noch große Holzfässer stehen, in denen die Riserva heranreift. Es gibt bei Monti, dem südlichsten Teil von Gaiole, eine moderne Kellerei direkt neben den Weinbergen. „Oben kommen die Trauben an“, meint Emanuela und verweist auf das Gebäude, das ein wenig wie eine mittelalterliche Burg aussieht, „und unten kommen die gefüllten Flaschen raus. Alles dazwischen machen wir wie alle …“ Erfreulich lakonisch und wahr, und irgendwie auch wieder nicht. Denn was vor allem auffällt: Bei Coltibuono gibt es weder Cabernet noch Merlot, jedenfalls kommt nichts davon in die Cuvée. Dafür gibt es viele verschiedene Sangiovese-Klone und viele alte lokale Rebsorten, die kaum noch jemand im Weinberg hat. „Die gehören zu unserem Erbe“, meint Roberto Stucchi, „das sollten wir erhalten und sehen, was wir aus den Reben machen können.“ Zum Beispiel den Montebello, der aus nicht weniger als acht alten Rebsorten gekeltert wird und wahrscheinlich toskanischer ist als vieles, wo Chianti draufsteht.

Dass man bei Coltibuono Neuem nicht grundsätzlich abgeneigt ist, zeigt zum Beispiel die Umstellung auf Bio-Anbau, den man hier als einer der Ersten in der Region vollzogen hat, wobei Emanuela wahrscheinlich anmerken würde: „Die Mönche hatten doch auch kein Glyphosat.“ Oder auch der „Cultus“, der zwar aus Sangiovese und ein paar Prozent anderen alten Reben bereitet wird, aber als einer der wenigen Weine des Gutes in Barriquefässern und nicht im großen Holz ausgebaut wird. Modernität ist eingebunden in der Tradition. Der Gral, der hier gehütet wird, besteht aus der Landschaft und den Reben und vor allem aus der Art, wie ein Chianti schmecken soll. „Unsere Weine waren nie ohne unsere Küche zu denken“, erklärt Emanuela, „das ist für uns essenziell. Man könnte sagen, die Toskana definiert sich kulinarisch, und unsere Weine sollen ein unverwechselbarer Teil davon sein.“ Schöner kann man nicht sagen, dass auf Coltibuono großartige klassische Chianti-Weine gemacht werden.

Zum Blog Artikel: Die Grosse Chianti Verwirrung


WEINE VON BADIA A COLTIBUONO

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Chianti Classico Riserva "Cultus"
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Inhalt: 0.75 l (33,33 €/1l) *

25,00 €
Montebello
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2018

Montebello
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