Amarone & Co.
Was macht man, wenn man Weinreben hat, die eher einen leichten, fruchtigen Wein ergeben, die Welt aber nach starken, dunklen und süßen Weinen verlangt?
Ein beliebtes Verfahren ist es, die Trauben vor der Pressung ein wenig zu trocknen. Das ist einfach und logisch, Wasser verdunstet, Zucker, Extrakt und Tannine werden konzentriert. Nach einiger Zeit presst man die Trauben, vermaischt sie und erhält einen konzentrierteren Wein. Da in dem konzentrierten Most so viel Zucker ist, dass 16 Prozent oder sogar 18 Prozent Alkohol möglich wären, die meisten Hefen aber bei 14 Prozent aufgeben, bleibt im Wein immer etwas Traubenzucker erhalten. Das ist auch erwünscht. Im Valpolicella wurde dieser Wein als „Recioto“ bekannt. Ab und an passierte es aber bei der Lagerung des Recioto, etwa wenn es im Sommer auch in den Kellern etwas wärmer wurde, dass die Fässer wieder anfingen zu gären. Dann war in manchen Fässern am Ende kein Restzucker mehr im Wein und der Alkoholgehalt lag deutlich höher. Die Winzer konnten sich das lange nicht erklären und sprachen deshalb vom „Miracolo dell’Amarone“. In einem Land, in dem in fast jedem Haushalt ein Bild von Padre Pio hängt, sind Mirakel, also Wunder, eine durchaus verkaufsfördernde Maßnahme. Heute weiß man, dass dafür alkoholresistentere Hefesorten verantwortlich sind. Der trockene Wein bekam auch bald einen eigenen Namen. Weil er im Vergleich zum süßeren Recioto etwas gerbstoffbetonter schmeckte, also bitterer, wurde er Amarone genannt, vom italienischen „amaro“ für bitter. Das ganze Verfahren nennt man Appassimento. Es wird mittlerweile auch in Süditalien gerne eingesetzt, wo man dann oft Trauben, die um die 15 Prozent Alkohol und dabei kaum Säure hergeben würden, noch einmal konzentriert. Ganz nach dem Motto: Viel hilft viel und mehr ist immer besser.
Der Amarone hat mittlerweile Zuwachs bekommen, denn man merkte, dass in den Trestern der getrockneten Trauben immer noch viele Aroma- und Gerbstoffe steckten. „Ripasso“ heißt das Verfahren. Dazu lässt man Rotweine auf den Trestern des Amarone noch ein zweites Mal gären, wodurch der Wein mehr Struktur und etwas von dem konzentrierten, rosinenartigen Geschmack des Amarone bekommt. Lange Zeit konnte das jeder machen, wie er wollte. Seit das Verfahren Bestandteil der DOC ist, sind die Regularien streng festgelegt und man darf Ripasso und Amarone maximal im Verhältnis 2 : 1 erzeugen. Qualitätsorientierte Betriebe wie Speri beschränken sich freiwillig auf 1 : 1.